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27 Juli, 2021

Emotionale Kaufimpulse durch Künstliche Intelligenz

27 Juli, 2021

Ich möchte gar kein Buch suchen, sondern finden. Oder besser noch: das Buch findet mich. Dies ist das eigentliche Kernthema im Buchhandel und hat durch den Online-Handel an Bedeutung gewonnen. In der Pandemie haben wir gerade erst gemerkt, dass unsere Routinen, neuen Lesestoff zu finden, sehr analog geprägt sind. Wir suchten alle nach Möglichkeiten, wie Buchempfehlungen auch unter Corona-Bedingungen weiterhin stattfinden können.

Auch dass die ein oder anderen Leserinnen und Leser auf den Amazon Algorithmus vertrauen, um Bücher und Geschichten zu entdecken, ist für die Zukunft des Buchhandels eher nicht so vorteilhaft. Für die Leser*innen übrigens auch nicht, wie wir ebenfalls in der Pandemie gelernt haben, denn Amazon hat in der tiefsten Phase des Lockdowns das Buchgeschäft mal ordentlich downgegradet, um mehr Kapazitäten für die margen- und umsatzträchtigeren Produkte zu haben. Buchkäuferinnen und Buchkäufer warteten viele Tage länger auf Ihre Bestellungen oder die Bücher wurden zeitweise sogar komplett von der Plattform gekickt - wenn man bedenkt, dass mit Büchern 1995 bei Amazon alles begann, sehr ernüchternd.

Da kommt dieses Ereignis gerade zum rechten Zeitpunkt. Alle 25 Millionen Titel im Verzeichnis Lieferbarer Bücher (VLB) werden aktuell mithilfe Künstlicher Intelligenz mit neuen Klassifikationen versehen, den sogenannten Lesemotiven und sollen Leserinnen und Lesern künftig mehr Orientierung beim Buchkauf bieten.

Die Lesemotive wie beispielsweise #Verstehen #Entspannen #Lachen #Leichtlesen  oder #Eintauchen wurden in einer umfangreichen qualitativen und quantitativen Studie in verschiedenen Phasen ermittelt und ausgewählt.

Auf neurowissenschaftlicher Basis soll auf diese Weise zukünftig  der emotionale Zugang zu Büchern und die unbewussten Beweggründe, die zum Buchkauf führen, gesteuert werden. 

Besonders ungeübte Buchkäufer*innen und bereits abgewanderte Kundschaft könnte davon profitieren und auch online könnte es so endlich mehr Kaufimpulse geben und die Suche nach passenden Büchern erleichtern. 

Im Vergleich zum Empfehlungs-Algorithmus von Amazon sehe ich die wirklich spektakuläre Neuerung aber darin, Buchempfehlungen nicht nur auf vergangenes Kaufverhalten oder zurückliegende Bewertungen zu erhalten, sondern dass sich die Empfehlungen tatsächlich auf die Inhalte der Bücher beziehen und wie diese zu mir selbst und meinen unbewussten Bedürfnissen passen. Und das ganze lässt sich stationär und online abbilden.

 „Ich erhoffe mir davon, dass wir als Branche die Sicht der Leserinnen und Leser – und nicht so sehr der Buchhändlerinnen und Buchhändler – mehr wertschätzen und in den Mittelpunkt unseres Tuns stellen. Dazu gehört zum Beispiel auch die Aufwertung des am weitesten verbreiteten Lesemotivs »Leichtlesen«, über das in der Branche oft erst einmal mit einer gewissen Arroganz die Nase gerümpft wird.“
Tobias Streitferdt, Metadaten & E-Commerce, Holtzbrinck Buchverlage 

Trainiert wurde die Künstliche Intelligenz von insgesamt neun Branchenexpert*innen aus Verlags- und Buchbranche, die zunächst aus ihren Erfahrungen heraus für 500 Titel die Lesemotive ausgewählt haben und so die inhaltliche Basis für die selbstlernende KI geschaffen haben. Je mehr Titel die KI des Unternehmens QualiFiction * den Lesemotiven zuordnet, desto besser werden die Ergebnisse.

 „Der Algorithmus ist sehr zuverlässig. 90 bis 95 Prozent der Zuordnungen sind treffsicher.“
Swantje Meininghaus, Geschäftsführerin bei Nordbuch

Endlich ist die KI bei einem zentralen Thema im Buchhandel angekommen. Leserinnen und Leser mit den passenden Büchern zu vernetzen ist eines der wichtigsten Themen und Herausforderungen der Buchbranche.

Sicherlich wird es in der facettenreichen Branche sehr differenzierte Meinungen dazu geben, entscheidend wird aber sein, wie bedürfnisorientiert die Lesemotive aus Kundensicht sein werden.

In einem Bereich hat dieses Projekt aber schon fern aller Ergebnisse gewonnen, denn es ist absolut transparent aufgebaut. Auch wer die KI trainiert hat ist kein Geheimnis - und genau dies könnten sich andere Branchen zum Vorbild nehmen. 

Ob es allerdings besonders vorteilhaft ist, dass die Künstliche Intelligenz in erster Linie von Frauen trainiert wurde, das wird sich vermutlich noch herausstellen.

Von wem die Künstliche Intelligenz trainiert wurde:

  • Ramona Böhm (Penguin Random House)
  • Kathrin Claussnitzer (Hugendubel)
  • Anniko Güte (Loewe Verlag)
  • Chantal Holzknecht (Buchhandlung Reuffel)
  • Stephanie Lange (Vertriebsberatung)
  • Swantje Meininghaus (Nordbuch)
  • Dorette Peters (Penguin Random House)
  • Tobias Streitferdt (Holtzbrinck)
  • Antje Werner (Dussmann)
*“Die QualiFiction GmbH ist Pionier und führend in der automatisierten Erkennung von Mustern in Büchern. Seit 2017 entwickelt das Unternehmen mit Sitz in Hamburg und Berlin Software auf Basis von Künstlicher Intelligenz für die Buchbranche.“ (MVB)

Quellen:
Börsenblatt
VLB
MVB

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